Dehnen wird bei Rückenschmerzen immer wieder gern empfohlen, aber auch diese Ansicht muss differenziert und individuell betrachtet werden.

 

Es gibt keine Standardursache für Rückenschmerzen. Es existiert auch keine Dehnübung die für alle Patienten gleich gut ist. Jeder Fall ist individuell unterschiedlich. Deshalb muss jede Dehnübung mit größter Sorgfalt ausgewählt werden und auf die jeweilige Person „zugeschnitten“ werden.

Viel zu oft empfehlen Therapeuten und Ärzte Dehnübungen, die für einen Schmerzpatienten absolut schädlich sind, meist mit dem Ziel, die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu verbessern. Beim Großteil der Personen mit Rückenschmerzen wäre genau das Gegenteil angemessen.

Wenn Sie die Knie an die Brust ziehen oder ähnliche Übungen ausführen, wird aus physiologischer Sicht ein Dehnreflex ausgelöst. Dieses neurologische Phänomen reduziert erstmal die Schmerzempfindlichkeit und verschafft für 15-20 Minuten eine Linderung. Dabei wird aber die Wirbelsäule in eine Position gebracht, die für die Bandscheiben noch schädlicher ist. Der Schmerz wird nach einer Weile zurück kommen. Ein Teufelskreis wird entstehen. Dieser muss aber am Besten frühzeitig durchbrochen werden.

Konzentrieren Sie sich auf die Stabilisation der Wirbelsäule!

Dazu gehört eine Anpassung des Alltagsverhaltens mit dem Ziel, die Wirbelsäule immer möglichst „neutral“ zu halten. Solche Maßnahmen entlasten die Bandscheiben, der Schmerz geht weg und das erleichtert eine zunehmende Mobilität.

Bei Dehnübungen sollten insbesondere alle Übungen vermieden werden, bei denen die Knie Richtung Brust gezogen werden. Das Dehnen bestimmter anderer Bereiche des Körpers hingegen kann durchaus ihre Schmerzen lindern.

Diese „Erste-Hilfe-Methode“ ist langfristig nur schädlich. Bitte kippen Sie auch nicht in Rückenlage die angewinkelten Knie von einer Seite zur anderen. Diese Übung macht die Bandscheiben nur noch empfindlicher. Das einzige was Sie für die Mobilisation der Wirbelsäule tun sollten, ist die Katze-Kuh Übung.

Bitte keinen „SUPERMAN“

Auch diese Übung ist nichts für Rückenschmerz geplagte. Der Superman wird gern zur Kräftigung der Rückenstrecker eingesetzt. Die übermäßige Streckung belastet die Wirbelsäule von ca. 600kg. Damit ist sie für Menschen mit Rückenschmerzen denkbar ungeeignet. Bitte überlassen Sie solche Übungen schmerzfreien trainierenden.

Darf ich wirklich nicht mehr Dehnen? Das tut aber so gut!

Zu Beginn eines schmerzlindernden Therapieprogramms schadet Dehnen dem Rücken in den meisten Fällen. Besonders bei den Übungen wo die Wirbelsäule gebeugt wird. Statisches Dehnen trägt nachweislich nicht zur Minderung der Schädigung bei. Die höhere Mobilität und flexibilität der Wirbelsäule erhöht das Risiko für künftige Rückenschmerzen. An dieser Stelle möchte ich nocheinmal betonen:

Der Dehnreflex verschafft vielen Menschen kurzfristig Erleichterung, dies ist aber nur sehr kurzfristig und nicht Schmerzursachen zuträglich.

Man sollte sich genau überlegen, wann eine Dehnung hilfreich ist und wann nicht! Es sollte einen guten Grund für die Dehnung geben, wenn diese im Übungsprogramm implementiert ist. Möglicherweise sind klug gewählte dynamische Übungen der bessere Weg. Ausfallschritte im Gehen, bei denen das Gelenk bewegt wird, sind mitunter geeigneter als eine statische Dehnung.

Dehnen muss gerechtfertigt sein und einem klaren Ziel dienen!

Wenn man zum Beispiel durch Yoga geschmeidiger werden möchte, beeinträchtigt dies die Festigkeit, die zum Heben schwerer Gewichte benötigt wird. Man kann nicht gleichzeitig Yogameister und Weltmeister im Kraftdreikampf sein. Insgesamt sind Dehnübungen also erst zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll, wenn die akute Schmerzphase komplett überwunden wurde.